„Afghanistan – Was geht das uns Schüler an?“

„Afghanistan – Was geht das uns Schüler an?“ Mit dieser Frage, an gut 100 Schülerinnen und Schüler der Oberstufe gerichtet, begann der Gründer der Kinderhilfe Afghanistan, Dr. Reinhard Erös, seinen Vortrag am Fraunhofer-Gymnasium in Cham am vergangenen Freitag. Afghanistan, weit weg von Cham am Hindukusch gelegen, und seit der Machtübernahme der Taliban weitestgehend aus dem Interesse der Weltöffentlichkeit geraten, geht uns eben doch etwas an. Warum, das schilderte Erös eindringlich, indem er die Zusammenhänge zwischen Politik, Machtinteressen, Unwissen und (verlorenen) Kriegen aufzeigte. Zugleich rief er die Schülerinnen und Schüler immer wieder sehr deutlich dazu auf, sich anhand der in Deutschland „qualitativ sehr hochwertigen Medien“ zu informieren und mit aktuellen politischen Inhalten auseinanderzusetzen, anstatt sich die Zeit mit seiner Meinung nach sinnfreien Formaten wie TikTok oder Unterhaltungssendungen zu vertreiben. Immer wieder fragte der Referent direkt in die Runde, wenn es um Zahlen und Namen ging, und scheute sich nicht davor, deutliche Worte zu wählen, um sein Anliegen vorzubringen.

Erös versteht es, die Zuhörerschaft in seinen Bann zu ziehen. Dies hat der pensionierte Bundeswehrarzt in mittlerweile über dreieinhalbtausend Vorträgen unter Beweis gestellt. Und so folgten die Schülerinnen und Schüler mitsamt ihren Lehrkräften konzentriert den Ausführungen zu seiner Laufbahn und Beweggründen, den Ärmsten der Armen in diversen Krisengebieten der Welt zu helfen, so dass er schließlich von 1986 bis 1990 mitsamt Frau und Kindern nach Pakistan zog und von dort aus in Höhlen im afghanischen Gebirge Kranke versorgte, während seine Frau eine Schule leitete, in der ihre eigenen Kinder neben pakistanischen Kindern lesen und schreiben lernten.

1998 schließlich gründete die Familie Erös die „Kinderhilfe Afghanistan“ und hat seither komplett ehrenamtlich schier Unglaubliches geleistet. In dem seit der russischen Invasion zu Beginn der 1980er Jahre von Kriegen gebeutelten Land unterrichten inzwischen ca. 1.600 von der Kinderhilfe bezahlte Lehrkräfte gut 60.000 Schülerinnen und Schüler an 30 Schulen und 3 Berufsschulen. Daneben leistet die Organisation Nothilfe bei Naturkatastrophen wie zuletzt nach den verheerenden Erdbeben im Westen des Landes und unterstützt notleidende Familien durch Essenspakete. Selbst unter der Herrschaft der Taliban gehen Mädchen in die Schulen der Kinderhilfe, und auch in den Computer-Klassen und in den Schneiderinnen-Berufsschulen läuft die Ausbildung für ca. 600 Mädchen ohne Unterbrechung. Ärztinnen, Hebammen und Krankenschwestern versorgen ihre kleinen und großen Patienten und werden wie auch die Lehrerinnen regelmäßig bezahlt. Primär wird also zunächst das Leid der Menschen in Afghanistan gelindert, doch durch das breite, besonders an Mädchen und junge Frauen gerichtete Bildungsangebot der Kinderhilfe und nicht zuletzt die vielen Arbeitsplätze werden jedoch auch Fluchtursachen vor Ort bekämpft. Eine Thematik, die nicht nur heute diskutiert wird, sondern die auch die Chamer Schülerinnen und Schüler zukünftig betreffen wird.