06.04.2025
Fraunhofer-Schüler am Collège Saint Joseph
Dienstagmorgen, 6 Uhr: Ein Bus rollt in Cham ein. An Bord: 29 Schülerinnen und Schüler des Fraunhofer-Gymnasiums sowie die beiden Französischlehrkräfte Susanne Weber und Alexandra Fuchs. Hinter ihnen liegen 3600 Kilometer und zehn intensive Tage – darunter drei Nächte im Bus. Doch als der Busfahrer fragt, ob sich all die Anstrengungen gelohnt haben, gibt es keine Zweifel: Ein klares JA!
In einer Zeit, in der Schüleraustausche immer aufwändiger werden und die Welt oft rückwärtsgewandt erscheint, sind solche Erlebnisse unbezahlbar. Seit Mitte der 80er Jahre verbindet das Joseph-von-Fraunhofer-Gymnasium eine Partnerschaft mit dem Collège Saint Joseph – und Jahr für Jahr ist dieser Austausch ein Gewinn für beide Seiten. Dabei geht es nicht nur um die Sprache. Viel wichtiger ist den Lehrkräften, dass die Kinder andere Lebensweisen kennenlernen – und vor allem schätzen lernen. Libourne mag nicht gerade um die Ecke liegen, doch die Stadt im Südwesten Frankreichs begeistert mit ihrer Vielfalt und ihrem Charme. Kein Wunder, dass viele der Jugendlichen am liebsten im nächsten Jahr wiederkommen würden. Auch kulturell hat die Reise einiges zu bieten: Schon auf der Hinfahrt tauchen die Schülerinnen und Schüler in die Anfänge der französischen Renaissance ein. Ihr erster Zwischenstopp führt sie zu einem der berühmtesten Loire-Schlösser – Chambord. Das imposante Jagdschloss, dessen Bau im 16. Jahrhundert unter König François I. begann, beeindruckt mit seiner schieren Größe und Eleganz. Besonders fasziniert sind die Jugendlichen von der raffinierten Wendeltreppe Leonardo da Vincis: Eine Konstruktion, auf der man sich beim Hoch- und Hinuntersteigen zwar sieht, aber nie begegnet. So mancher wünscht sich ein solches architektonisches Meisterwerk auch für das Fraunhofer-Gymnasium.
Als der Bus dann in Libourne einfuhr, warteten bereits die Austauschschüler mit den betreuenden Lehrkräften Anna Maître-Lenz und Arnaud Loquin am Ufer der Dordogne. Jedes Jahr ein magischer Moment: Zwar war man bereits seit Weihnachten auf sozialen Medien in Kontakt, die persönliche Begegnung ist aber dadurch nicht zu ersetzen. Schnell werden die Haare zurechtgerückt und das Deo ausgepackt – der erste Eindruck ist ja bekanntlich der wichtigste.
Das Programm in Libourne startete traditionell mit einem gemeinsamen Ausflug an den Atlantik. In diesem Jahr erwartete die Schülerinnen und Schüler eine besondere Erfahrung: eine Bootstour durch das Arcachon-Becken. Dabei erfuhren sie Spannendes über die Gezeiten, die einzigartige Natur der Region und die Entstehung der Dune du Pilat. Auch wenn nicht jeder jedes Detail verstand, war am Ende eines klar: Diese Gegend ist ein wahres Naturwunder.
Das Arcachon-Becken füllt und entleert sich durch die Gezeiten zweimal täglich – ein perfekter Lebensraum für die Austernzucht und zahlreiche Vogelarten. Gleichzeitig haben Wind und Wasser über Jahrhunderte Europas größte Wanderdüne geformt, die sich am südlichen Ausgang des Beckens erhebt. Doch während Geologie vielleicht nicht alle in ihren Bann zog, sorgte die Düne selbst für Begeisterung. Für die Jugendlichen war sie vor allem eines: der größte Sandberg, den sie je gesehen hatten – und die perfekte Rampe für spektakuläre Sprünge in die Tiefe.
Am Mittwoch stand die Stadt Libourne selbst im Mittelpunkt. Passenderweise war es der 19. März – Josefi, der Namenstag der beiden Schulpatrone Saint Joseph und Joseph von Fraunhofer – und des Busfahrers der Truppe. Während dieser Tag am JvFG wohl kaum Beachtung fand, wurde er am Collège in Libourne als wichtiger Festtag gefeiert, der dieses Jahr unter dem Motto Behindertensport stand. Zum Auftakt begrüßte Schulleiter M. Combroux die gesamte Schülerschaft mit einer Ansprache. Anschließend hieß er die Gäste aus Cham in kleinerem Kreis willkommen und betonte die besondere Bedeutung des Austauschs.
Auch im Rathaus wurden die Schülerinnen und Schüler von der deutschen Stadträtin Gabi Höper wieder herzlich empfangen. In ihrer Rede unterstrich sie, wie essenziell die europäische Zusammenarbeit sei und dass diese bereits bei den Jugendlichen beginne. Ein Blick hinter die Kulissen der französischen Kommunalpolitik rundete den Besuch ab: Im Sitzungssaal des Stadtrats und dem Büro des Bürgermeisters konnten die Jugendlichen hautnah erleben, wie Demokratie auf lokaler Ebene funktioniert.
Ein Besuch in Bordeaux durfte natürlich nicht fehlen! Doch diesmal lag der Fokus weniger auf der Vergangenheit als auf der modernen Kunstszene. Bei einer Street-Art-Führung bewunderten die Schülerinnen und Schüler die beeindruckenden Graffiti und Tags der Stadt und erfuhren mehr über die Geschichte und Techniken dieser urbanen Kunstform. Anschließend konnten sie sich selbst kreativ austoben – direkt am Ufer der Gironde. Natürlich kam auch das Shopping nicht zu kurz.
Nach den Unterrichtsbesuchen am Freitag erwartete die
Schülerinnen und Schüler noch ein besonderes Highlight: Das Collège Saint
Joseph verfügt seit Kurzem über eine professionelle Podcast-Ausrüstung.
Gemeinsam mit Arnaud Loquin und seinem engagierten Schülerteam nahmen die
deutschen Gäste eine eigene Podcast-Folge auf – ein spannendes Projekt, in dem
sie von ihren Erlebnissen und Eindrücken während des Austauschs berichteten.
Nach der Fertigstellung ist die Episode auf der Webradio-Seite des Collège zu hören:
Bei einer kurzen Stadtführung am Freitagnachmittag erfuhren die JvFG-Schülerinnen und -Schüler, dass Libourne einst einen englischen Gründervater hatte. Roger de Leybourne errichtete die Bastide im Auftrag Heinrichs III., um die englischen Gebiete vor den Franzosen zu sichern. Denn seit der strategischen Heirat Heinrichs II. mit Eléonore d’Aquitaine im 12. Jahrhundert stand die Region unter englischer Herrschaft – und blieb es bis zum Ende des Hundertjährigen Krieges im Jahr 1453. Die anschließende Schnitzeljagd mit zwei Cookies als Belohnung konnten Jay Kaiser und Richard Bolgert souverän für sich entscheiden.
Nun konnten die Schüler ein ganzes Wochenende lang das französische Alltagsleben hautnah erleben. Als sich alle am Sonntag zur Abschiedsfeier im Jugendzentrum von Libourne wiedersahen, gab es natürlich viel zu erzählen. Ein Highlight des Treffens war der traditionelle Fotowettbewerb, an dem in diesem Jahr alle 29 Austauschpaare teilnahmen. Die Sieger wurden direkt vor Ort durch ein Onlinevoting bestimmt – mit Spannung und Begeisterung.
Dann hieß es Abschied nehmen und die Rückreise antreten – mit einem ganz besonderen Zwischenstopp: Paris! Eiffelturm, Triumphbogen, Louvre, Notre-Dame und Montmartre – die Chamer Schülerinnen und Schüler ließen keine der berühmten Sehenswürdigkeiten aus. Nach 12 Stunden und 25.000 Schritten kehrten sie mit müden Füßen, aber deutlich erweitertem Geschichtswissen zum Bus zurück.
Zurück in Cham brauchte es erst eine kleine Erholungspause, bevor der Alltag wieder beginnen konnte.
Besonders erfreulich war in diesem Jahr die großzügige Unterstützung durch das Deutsch-Französische Jugendwerk (DFJW), das den Austausch mit einem stattlichen Zuschuss förderte. Damit steht das Projekt ganz in der Tradition des Elysée-Vertrags, den Charles de Gaulle und Konrad Adenauer am 22. Januar 1963 unterzeichneten – ein Symbol der deutsch-französischen Freundschaft. Ein herzliches Dankeschön an das DFJW für diese wertvolle Unterstützung!
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