Unterwegs in Strasbourg

26.07.2024

P-Seminar auf Bildungsreise

Strasbourg hieß das Reiseziel eines der P-Seminare der 11. Jahrgangsstufe. Neben der beruflichen Orientierung, die auch weiterhin Teil der P-Seminare im G9 ist, bereiteten 13 Schülerinnen und Schüler zusammen mit OStRin Susanne Weber diese Reise über das Schuljahr hinweg vor, wobei im G9 nun auch im Rahmen des Projekts Berufsfelder berücksichtigt werden müssen. Strasbourg hat in dieser Hinsicht viel zu bieten: Touristik, Geschichte, Kunst, Politik-, Medien- und Naturwissenschaften standen in der Ausschreibung und konnten durch einen Besuch der Hauptstadt Europas mühelos entweder im Vorfeld oder während der Reise abgedeckt werden.

Die Schülerinnen und Schüler des P-Seminars in Strasbourg
Die Schülerinnen und Schüler des P-Seminars in Strasbourg

Los ging es dann endlich direkt nach der Wissenschaftswoche am Montag, 15.7.2024, zusammen mit Frau StDin Monika Pressler, die sich bereit erklärt hatte, sich der Gruppe als 2. Begleitlehrkraft anzuschließen. Reisemittel war die Deutsche Bahn und auf sie war mit kleinen Einschränkungen auch fast Verlass. Die Reise nach Strasbourg geht mit fünf Zügen quer durch Süddeutschland und planmäßig ist man sieben Stunden unterwegs. Nur beim letzten Zug gab es eben „kleine“ Schwierigkeiten, was den Provinzbahnhof Appenweier bei den JvFG-Schülern in Ungnade fielen ließ, da man dort lange Zeit an einem einsamen Gleis verbrachte, wo die angekündigten Züge einfach durch Abwesenheit glänzten. Durch diese Verspätung wurde die Gruppe vom für den Abend angekündigten Gewitter in Strasbourg begrüßt und es waren alle heilfroh, gegen 21 Uhr endlich in der Jugendherberge CIARUS anzukommen.

Anreise und Jugendherberge Ciarus
Anreise und Jugendherberge Ciarus

Juli Köhler (11c) war für den ersten Programmpunkt Kunst verantwortlich. Neben vielen StreetArt Beispielen, die sie bereits im Vorfeld präsentiert hatte und die die Gruppe auch immer wieder an Straßenecken entdeckte, wählte die Schülerin das Tomi-Ungerer-Museum aus. Tomi Ungerer ist einer der berühmtesten Söhne der Stadt: Er wurde 1931 dort geboren und erlebte die Annexion der Region durch das Dritte Reich und die Wiedereingliederung in Frankreich 1945 und die damit verbundenen Nationalitätenwechsel. Dadurch war ihm zeitlebens bewusst, wie wichtig die deutsch-französische Freundschaft und die europäische Integration für ein friedliches Zusammenleben ist und dies schlug sich auch immer wieder in seinem vielfältigen Werk, das hauptsächlich aus Zeichnungen besteht, nieder. Abgerundet wurde dieser Besuch im Kinderbereich, wo sich einige Seminarteilnehmer selbst als Künstler versuchten und ihre Werke verewigten.

Tomi-Ungerer-Museum
Tomi-Ungerer-Museum

Ein Besuch im Europaparlament darf natürlich in Strasbourg nicht fehlen und vorbereitet wurde er von Katja Reitinger (11c). Eine besondere Note erhielt dieser für die JvFG-Gruppe, da er am ersten Parlamentstag des im Juni neugewählten Europaparlaments stattfand und deshalb viel Betrieb im ganzen Gebäude herrschte. Axel Heyer, ein Mitarbeiter des Besucherdienstes, zeigte den Schülern in einem mitreißenden einstündigen Vortrag die enorme Bedeutung der Europäischen Union und ihren politischen Funktionen für den Frieden in Europa auf. Er verglich diesen ersten Parlamentstag nach der Wahl mit dem ersten Schultag, an dem sich die Parlamentarier mit ihren Schultüten bepackt in ihren neuen Klassen einfinden. Für ihn leben wir seit dem 9. Mai 1950, dem Tag, an dem der französische Außenminister Robert Schuman in einer Rede die Schaffung einer Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) vorschlug, im Europa 2.0, das von Frieden und Wohlstand geprägt ist und nicht wie Europa 1.0 jahrhundertelang von Krieg und Zerstörung. Auf anschauliche Art und Weise machte er auch klar, dass die Mehrheitsfindung im EU-Parlament nicht durch Fraktionszwänge erreicht werden kann, da die Situation in allen Ländern berücksichtigt werden muss und eine Unterwerfung einzelner Minderheiten in einem demokratischen Staatenbund nicht in Frage kommt. Zudem kommt noch die sprachliche Situation: Die EU hat 24 Amtssprachen, jeder Parlamentarier hat das Recht auf seine Landessprache. Englisch als Lingua Franca ist nur außerhalb des Sitzungssaals eine Option, damit es eben nicht von fremdsprachlichen Fähigkeiten abhängt, wie sich einzelne Parlamentarier an den Diskussionen beteiligen können. Die Leistung der Dolmetscher, die aus bis zu fünf Fremdsprachen in ihre Muttersprache simultan übersetzen, wurde spätestens durch Herr Heyers sehr beeindruckende Demonstration im Raum greifbar: In acht verschiedenen europäischen Sprachen beschwerte er sich in der Rolle eines Dolmetschers darüber, warum das Verb in jeder Sprache an einer anderen Stelle stehen muss: Extremfall Deutsch, wo es ja bekanntlich oft an das Satzende rutscht und der Simultanübersetzer dieses abwarten muss, um endlich zu erfahren, was das Subjekt nun letztendlich tut, um es dann in seiner Sprache möglichst ohne Zeitverlust wiederzugeben.

Im Anschluss durften die JvFG-Schüler dann auf der Besuchertribüne Platz nehmen und dem Treiben im Plenarsaal unten zusehen. In der konstituierenden ersten Sitzung der 10. Wahlperiode gaben die Parlamentarier gerade ihre Stimmen ab, um unter anderem Amtsinhaberin Dr. Roberta Metsola (Europäische Volkspartei) aus Malta mit 562 von 720 Stimmen für zweieinhalb Jahre als Präsidentin des Parlaments wiederzuwählen. So manches aus dem Fernsehen bekanntes Gesicht konnte dabei in der Menge entdeckt und von Katja zugeordnet werden. Es stimmt eben nicht, dass sich die Jugend nicht für Politik interessiert.

Im EU-Parlament
Im EU-Parlament

Auf dem Rückweg in die Stadt machte die Gruppe vor dem Hauptgebäude des Europarats Halt und Yahia Almasri (11b) führte aus, dass der Europarat nicht mit der EU verwechselt werden darf. Er wurde 1949 gegründet und seine 46 Mitgliedstaaten verpflichten sich alle der Rechtsstaatlichkeit und haben die Europäische Menschenrechtskonvention unterzeichnet. Vor dem Menschengerichtshof erklärten Franziska Schmaderer und Julia Schambeck (beide 11a) ihren Mitschülern, dass diese 1959 gegründete Einrichtung darauf achtet, dass in ihren 46 Mitgliedstaaten die Menschenrechte eingehalten werden, und über Beschwerden einzelner Personen, Personengruppen oder Staaten urteilt.

Letzte Station war ARTE: Der 1991 gegründete gemeinsame deutsch-französische Kultursender hat in Strasbourg seinen Hauptsitz. Leider hat ein Besuch der Redaktion nicht geklappt, aber durch einen virtuellen Rundgang und den Informationen von Nina Linhart, Franziska Schönberger und Hannah Holmeier (alle 11a) im Vorfeld konnten die Seminarschüler auch darüber viel erfahren.

Europarat, Menschengerichtshof und ARTE
Europarat, Menschengerichtshof und ARTE

Trotz dieses vollen Programms wollte man aber die Gelegenheit am Abend nicht verstreichen lassen, um einen ersten Blick auf das berühmte Straßburger Münster zu erhaschen, das im Sommer abends durch eine wechselnde Beleuchtung noch schöner anzusehen ist.

Die Innenstadt zum ersten Mal allein erkunden durften die Schüler und Schülerinnen am Mittwochvormittag. Am Nachmittag ging es dann noch einmal ins Europaviertel, jedoch dieses Mal mit der Tram. Ziel war ein Besuch in der EDQM, dem Europäischen Direktorat für die Qualität von Arzneimitteln. Dr. Matthias Weber und zwei seiner Kollegen enthüllten das Geheimnis dieser Behörde des Europarats. Dort werden weder Arzneimittel hergestellt noch entwickelt, sondern es wird sichergestellt, dass alle in den 39 europäischen Mitgliedsstaaten erhältlichen Medikamente dieselben Qualitätsrichtlinien erfüllen, wodurch die gesundheitliche Versorgung von mehr als 600 Millionen Menschen garantiert wird. Sehr zur Freude von Frau Pressler und Frau Weber fanden die Vorträge teilweise auf Französisch statt und sehr zur Freude der Schüler stellten diese fest, dass sie doch so einiges in der Fremdsprache verstehen konnten. Beim Rundgang im Labor lernten sie viele verschiedene analytische Methoden kennen, um die unterschiedlichsten Medikamente zu untersuchen.

Europäisches Direktorat für die Qualität von Arzneimitteln
Europäisches Direktorat für die Qualität von Arzneimitteln

Am Abend wurde dann das Studentenviertel von Strasbourg erkundet und das Großstadtfeeling im belebten Stadtteil Krutenau genossen. Eric Brucker - ein echter Elsässer – gesellte sich gerne dazu und berichtete von der bewegten Geschichte der Region. Gewiss war diese den Schülern in Teilen schon bekannt, aber die persönliche Note eines, wenn auch nicht mehr direkten Zeitzeugen rückt alles in ein viel lebendigeres Licht.

Street-Art in Strasbourg
Street-Art in Strasbourg
Abendprogramm
Abendprogramm

Richtige Touristen wurden die Fraunhofer am Donnerstag. Zuständig für diesen Teil waren Vivien Wagner und Julia Gross (beide 11c). Um die Besichtigung der Kathedrale ohne Warteschlange zu ermöglichen, traf man dort auch ganz früh ein. Nach einer kurzen, unvorhergesehenen Shoppingtour konnte man die Gottesstätte auch anständig bekleidet betreten und war von der Dimension dieses mittelalterlichen Baus sichtlich beeindruckt.

Besuch der Kathedrale
Besuch der Kathedrale

Bei der anschließenden historischen Stadtführung führte Erik Ossenkopp (11a) zur Kathedrale aus, dass diese von 1647 bis 1874 mit ihren 142 Metern das höchste Gebäude der Menschheit war. Über den Place Gutenberg, der dem 10 Jahre in Strasbourg weilenden Erfinder des Buchdrucks gewidmet ist, ging es weiter in das malerische Viertel Petite France – heute ein Touristenmagnet, im Mittelalter jedoch eher das Gegenteil, da dort die niederen Berufsstände wie Gerber, Fischer und Müller, aber auch unheilbare Kranke beheimatet waren. So wurde dieser Teil der Stadt von der wohlhabenden Bevölkerung aufgrund der unangenehmen Gerüche eher gemieden. Dass nun mit dem Hôtel Régent Petite France eines der teuersten Luxushotels genau an dieser Stelle steht, ist aus historischer Perspektive kaum denkbar. Erik schloss seine Führung an den Ponts Couverts und am Barrage Vauban ab, den Verteidigungsanlagen aus dem Mittelalter bzw. der Festigungsanlage, die der berühmte Militäringenieur Sébastien Vauban unter Ludwig XIV. errichtete, um die 1681 eroberte Stadt , die bis dahin Teil des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation war, gegen Angriffe deutscher Fürstentümer zu verteidigen.

Stadtführung
Stadtführung

Die Schüler und Schülerinnen lernten das Elsass aber auch kulinarisch kennen. Sarah Dimpfl und Eleni Brandl (beide 11b), die auch für die Reiserouten zuständig waren, führten die Gruppe dafür ins Restaurant Flam’s: Flammkuchen – all you can eat in allen Variationen für alle! Lecker! Aber auch sehr sättigend.

Flammkuchen-Flatrate
Flammkuchen-Flatrate

Gut, dass man sich auf der anschließenden Bateau-mouche-Tour, die um die Altstadt auf der Grande-Île und ins Europaviertel führte, ein wenig erholen konnte. Mit dem Audioguide lernte man noch einmal viel über die wichtigsten Stationen der 2000 Jahre alten Stadt, die die Römer als Argentoratum gegründet hatten und wo 842 die berühmten Straßburger Eide geschworen wurden – eines der ältesten bekannten mehrsprachigen Dokumente, das in Althochdeutsch, Altfranzösisch und Latein verfasst ist. Das Mittelalter und die frühe Neuzeit gestalteten vor allem den Altstadtkern, der von der Ill, einem Nebenfluss des Rheins, und einem Kanal umgeben ist. Die Tour verließ diesen Ring auf dem Weg ins Europaviertel und passierte dabei die Neustadt. Dort ließ Kaiser Wilhelm viele prächtige Gebäude errichten, um in der neu eroberten Reichsstadt seines seit 1871 bestehenden Deutschen Kaiserreichs Stärke präsentieren zu können. Unter anderem entstand in dieser Zeit auch das prachtvolle Gebäude der Universität.

Der Abschluss des dreitägigen Programms war der Aufstieg auf dem Turm der Kathedrale. Die 366 Stufen waren mühevoll zu erklimmen, jedoch wurde man mit einem herrlichen Blick auf die Stadt und auch auf das Rheintal zwischen Vogesen und Schwarzwald belohnt.

Bateau mouche: Strasbourg von oben
Bateau mouche: Strasbourg von oben

Dann hieß es am Freitag auch schon wieder Abschied nehmen. Die Heimreise verlief weitgehend reibungslos – mit einer kleinen Ausnahme: Ein heißer Waggon ohne funktionierende Klimaanlage machte die Rückfahrt zur Herausforderung. Doch Appenweier konnte dieses Mal erfolgreich umgangen werden und die Gruppe kam pünktlich zum Schulfest in Cham wieder an.

Text und Fotos: Susanne Weber

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