Bundesbank zu Gast am JvFG

17.02.2020

Informationen zur Geldpolitik des Eurosystems

Es gehört seit Jahren zum festen Bestandteil, dass die Wirtschaft/Rechtkurse der 12. Jahrgangsstufe des Joseph-von-Fraunhofer-Gymnasiums in Cham Besuch von einem Mitarbeiter der Bundesbank bekommen, der die im Unterricht bereits erlernten Inhalte der Geldpolitik nochmals aufgreift, vertieft und mit vielen zusätzlichen Informationen füttert. Dieses Jahr konnte der Schulleiter Herr Mißlinger einen Gast aus München begrüßen, nämlich Herrn Helmut Wahl, von der Hauptverwaltung in Bayern, der zum Stab des Präsidenten gehört.

Zu Beginn wiederholt Herr Wahl nochmal Aufbau und Aufgaben des Eurosystems und der Bundesbank. Bis jetzt haben 19 Länder in der Europäischen Union den Euro eingeführt, welche somit alle eine einheitliche Geldpolitik haben. Für alle anderen Politikbereiche wie zum Beispiel die Fiskal-, Sozial- oder auch Arbeitsmarktpolitik sind nach wie vor die Regierungen und Parlamente der einzelnen Länder verantwortlich. Damit aber das Eurosystem seine Aufgabe erfüllen kann, nämlich für Preisstabilität zu sorgen, darf die Unabhängigkeit der Notenbanken nicht angetastet werden.

Preisstabilität bedeutet einen „Anstieg des HVPI für das Euro-Währungsgebiet von unter aber nahe 2% gegenüber dem Vorjahr“, d.h. ein durchschnittlicher Warenkorb sollte innerhalb eines Jahres um knapp 2% teurer werden. Damit ist sowohl eine Inflation, also ein „allgemeiner und breit angelegter Anstieg der Preise für Waren und Dienstleistungen über einen längeren Zeitraum hinweg“, wie auch eine Deflation, welche bedeutet, dass „das allgemeine Preisniveau über einen längeren Zeitraum hinweg zurückgeht“, zu vermeiden. Auf den ersten Blick hört es sich ja sehr verlockend an, wenn die Preise zurückgehen. Jedoch hat Herr Wahl in einem kurzen Rollenspiel mit einer Schülerin sehr anschaulich gezeigt, dass sich aufgrund der erwarteten sinkenden Preise eine allgemeine Kaufzurückhaltung ausbreitet und somit die Unternehmen ihre Investitionsbereitschaft zurückfahren. Folglich droht eine Wirtschafts- und Finanzkrise.

Schulleiter Uwe Mißlinger bei der Begrüßung von Helmut Wahl von der Bundesbank
Schulleiter Uwe Mißlinger bei der Begrüßung von Helmut Wahl von der Bundesbank

Die Funktionsweise der Geldpolitik wäre prinzipiell sehr einfach. Der Impuls einer Leitzinsänderung wäre leicht übertragbar auf die Investitions- und Konsumgüternachfrage im Inland und somit auf die Entwicklung der Preise. Doch tatsächlich hängt die Investitionsbereitschaft der Unternehmen nicht nur davon ab, wie billig die ggf. benötigten Kredite sind – dies ist von der Geldpolitik beeinflussbar. Viel mehr hemmen strukturelle Probleme die Investitionsfreudigkeit vieler Unternehmen – Änderungen daran liegen allein in der Verantwortung der nationalen Regierungen der einzelnen Länder. Auch die große Finanz- und Staatsschuldenkrise mit der US-Subprimekrise 2007 als mutmaßlicher Auslöser und der drastische Anstieg der Staatsverschuldung in vielen Ländern stellten und stellen die Geldpolitik vor große Schwierigkeiten.

In einer seiner letzten Äußerungen im Herbst 2019 hat der nun ehemalige EZB-Präsident Mario Draghi nochmal bekräftigt, dass man in naher Zukunft bei den gegebenen Unsicherheiten nicht mit steigenden Zinsen rechnen könne. Dieses Niedrigzinsumfeld hat in Deutschland aber zahlreiche Nebenwirkungen, welche auch in den Medien kräftig thematisiert werden, nämlich weiterhin niedrige Sparzinsen, eine niedrigere Zinsmarge der Banken, Probleme für Lebensversicherungen aufgrund der hohen langfristigen Zinsgarantien und einen kräftigen Preisanstieg auf dem Wohnimmobilienmarkt. Freuen dürfen sich aber weiterhin alle Kreditnehmer und somit mit seinen knapp 2 Billionen Euro Schulden auch der deutsche Staat.

Die Entwicklung der Geldpolitik mit seinen Folgen bleibt spannend und so dürfen sich schon jetzt die jetzigen q11-Schüler freuen, was es im kommenden Schuljahr Neues zu berichten gibt.

Ein herzliches Dankeschön nochmal an den Referenten Herrn Helmut Wahl, der kurzfristig eingesprungen ist und in einem sehr kurzweiligen und interessanten Vortrag die Fraunhofer-Schüler informiert hat.

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